Die Goldfische

„Wir sind die geilste Behinderten-WG der Welt!" Feinfühlige, gleichzeitig aber auch herzhaft böse Roadtrip-Komödie mit deutschem Staraufgebot.

​​Aufschneider, Tausendsassa, Geschäftsmann: Oliver (Tom Schilling) ist das, was man heutzutage einen modernen Business-Typen mit steiler Karriere nennt. Als erfolgreicher, hart arbeitender Portfolio-Manager lebt er seinen Traum - bis er auf dem Weg zu einem wichtigen Termin, den er zu verpassen droht, mit seinem Sportwagen in den Gegenverkehr gerät. Diagnose nach dem Crash: Querschnittslähmung. Um sich an seine vermeintlich neue Rolle in der Gesellschaft gewöhnen zu können, soll sich Oliver sofort einem mehrmonatigen Reha-Programm unterziehen. Auf der Suche nach einem vernünftigen WLAN-Signal trifft er hier auf die Goldfisch-Gruppe, eine schräge aber liebenswürdige Behinderten-WG (u.a. Axel Stein, Birgit Minichmayr, Luisa Wöllisch), in der Oliver sofort ein gewisses, finanzielles Potential erkennt. Denn: Seit er an den Rollstuhl gefesselt ist, droht sein prall gefülltes Schließfach für Notfälle in der Schweiz aufzufliegen. Kurzerhand schließt er sich der Gruppe an und plant mit den beiden zuständigen Pädagogen (Jella Haase und Kida Khodr Ramadan) einen Ausflug über die Grenze. Einen Behindertenbus wird doch wohl niemand kontrollieren...

​Frech, frecher, Goldfische: Die charmante Krimi-Komödie um Oscar-Anwärter Tom Schilling hält auf grandiose Art und Weise die Balance zwischen derbem Witz und herzlicher Wärme. Einfach stark, wie der Streifen ein so schwieriges Thema verwertet, mit bitterbösem Humor würzt und letztlich doch unglaublich nahbar daherkommt. Noch stärker, dass Newcomer-Regisseur Alireza Golafshan bei seinem Debüt nicht nur auf bekannte Gesichter gesetzt hat.

Zwar wird die einzige Blinde im Team leider nicht von einer tatsächlich blinden Person gemimt, was dem Charme der Produktion definitiv noch einige Pluspunkte mehr eingebracht hätte, dafür darf sich Theater-Darstellerin Luisa Wöllisch in ihrer ersten großen Rolle präsentieren. Mit viel Wortwitz und Feingefühl spielt sie gegen Vorurteile jeder Art an und macht ihre Sache mehr als herausragend. Einfach ein tolles Team, das sich hier um Tom Schilling zusammengefunden hat. Man spürt förmlich, wie viel Spaß am Set herrschte und wie gut sich die einzelnen Darsteller untereinander verstanden haben. 

Ich habe mich tatsächlich mal ins Freibad geschmuggelt - kann man da schon von Schmuggel sprechen? Einfach über den Zaun, weil die Schlange so elendig lang war. Ich geb's zu, das hat sich gut angefühlt.

Tom Schilling via Filmlounge

Regisseur Golafshan erklärte im Nachgang immer wieder seine Entscheidung, einen Film dieses Kalibers so klamaukig und schonungslos aufzuziehen, wie „Die Goldfische" letztlich geworden ist. So seien seiner Meinung nach Menschen mit Behinderung gleichermaßen Teil unserer Gesellschaft und hätten daher ein Recht darauf, ebenfalls Start und Ziel von Humor zu sein. Bärenstarke Aussage!